Montag, 31. Januar 2011: Aufregende Tage liegen hinter mir …

31. Januar 2011

Samstag waren hier in der Stadt mächtige Auseinandersetzungen. Seit der Wahl am 31.Oktober 2010 hat sich hier politisch einiges verändert. Die seit der Unabhängigkeit regierende CCM-Partei wurde in Mwanza nicht mehr gewählt und ist nun in Händen der Chadema-Opposition, die auch einen neuen Oberbürgermeister gestellt haben. (Soweit ich weiß, ist der Alt-Oberbürgermeister, der letztes Jahr im Mai wegen angeblichen Mordes an der CCM-Sekretärin inhaftiert wurde, weiterhin im Gefängnis von Butimba!) Die amtierende Chadema hat den Menschen erlaubt, auf der Strasse ihr Business zu betreiben, wie Obst, Gemüse etc. zu verkaufen. Nun gab es Auseinandersetzungen mit der Polizei, die wiederum beschloß, die Strassen Mwanzas zu „reinigen“. Das geschah vorgestern, indem die Polizei auffuhr und die Leute räumen wollte, die wiederum bewaffnet waren und mit Steinen, Pepper-Spray etc. sich zur Wehr setzten. So war die komplette Innenstadt gesperrt und es gab viele Verletzte!

ABER:

Ich persönlich habe von alledem nichts mitbekommen, da ich Sa. morgen mit Prof. Spillane in die St. Augustine University fuhr, um dort Examen abzunehmen. Prof. Spillane ist der Dekan der Fakultät für Tourismus und Business und ein sehr interessanter Mensch. Nachdem wir die Examen kopiert und ausgegeben haben, besuchten wir die „Weißen Väter von Afrika“, die auf dem Universitäts-Campus leben. So lernte ich endlich Fr. George (Jürgen) aus Kassel und Fr. Adolf aus Stuttgart kennen. Mit Fr. George fuhren wir an den Sweya-Beach, wo kräftig gebaut wird und besichtigten die Area. Die Fahrt war sehr amüsant, Fr. George, ca. 1,60m groß, der trotz seines Hörgerätes etwas schwer hört und mein 1,90m großer Professor aus Boston, die eine herrliche Konversation betrieben – ja, und ich auf dem Rücksitz! Fr. George ist sehr redselig und kommentierte beinahe jedes Haus und jeden Busch mit trockenen Kommentaren und das Beste war, dass er dem Professor alle 20 Sekunden sagte, er müsse weiter geradeaus fahren – links und rechts war nur Busch, es gab also keinerlei Möglichkeiten auch nur irgendwo abzubiegen – ein Amusement in sich!

Nach einem 2-Stunden-Walk um den Viktoriasee waren wir entsprechend verbrannt und Professor lud uns in sein Büro zum Lunch ein (lecker Chipsi na Kuku!). Am interessantesten fand ich seine Tourismus-Bibliothek, die er hinter langen Stoffen in einem Board versteckt hatte und Einblick verschaffte, indem er mit Klopapier-Rollen die Stoffe aufzog – echt klasse!

Am nachmittag fuhren wir noch zu einem Retreat-House auf einem Hügel und wir hatten wundervolle Aussicht auf das komplette Land und die Buchten!

Gestern verbrachte ich den Tag mit Manon, meiner kanadischen Freundin, die vor 4 Wochen ein Restaurant eröffnete, um so ihr Projekt mit den „Tortured Children“ zu refinanzieren. Sie bekam gestern vom Fundi einen riesigen Kocher installiert und es war ziemliches Durcheinander…

 

Heute morgen hatte ich Gespräch mit Winnie Wilson, der Koordinatorin des Strassenkinderprojektes „Streetwise“, die mich unbedingt für das Projekt gewinnen möchten. Eine Kanadierin namens Suzanne hat dieses errichtet und ist nun im Alter von 72 Jahren in Rente gegangen. Nun gibt es niemanden, der dieses Projekt weiterführt. Ihre Tochter Monique, die in Mombasa / Kenia lebt, versucht es, von dort aus zu managen, aber es ist natürlich schwierig. Das Strassenkinderprojekt finanziert sich über das angegliederte Guesthouse „Treehouse“  – absolut wunderschön eingerichtet – kanadisch eben! Nach langen Diskussionen habe ich mich nun bereit erklärt, am Samstag meine Mama zu verlassen und in das Tree-House zu ziehen, und das Projekt auf „Vordermann“ zu bringen! Es liegt wunderschön idyllisch auf einem Hügel im Stadtteil „Isamilo“ – eine reiche Wohngegend – und ich bekomme ein Zimmer mit Blick auf den Viktoriasee!

Am nächsten Montag soll ich dann die Staff-Members in Verwaltung und Administration unterrichten, sowie das Entertainment für die Gäste übernehmen. Ich habe jedoch sofort gesagt, dass dies zeitlich sehr begrenzt ist, da ich im März wieder nach Deutschland gehe – also wer Interesse an einem Job hier hat, darf sich gerne melden. Monique sucht weiterhin längerfristig einen Volunteer, der Kenntnisse und Erfahrung in Business hat, Interesse an der Arbeit mit Strassenkindern und die Betreuung der Gäste übernehmen würde!

 

Zum Lunch traf ich mich dann mit Onkel Sampiao, der sich um die vier Aids-Waisen-Kinder Sampi, Maria, Sacrificus und Dennis kümmert. Wir hatten ein effektives Gespräch und er macht seine Arbeit sehr verantwortungsbewußt und zuverlässig! Er freute sich so sehr über unser gemeinsames Mittagessen und meinte, das wäre heute ein „Sikukuu“ (Feiertag) für ihn. Ich bin gerade am Überlegen, ob ich ihn in mein Projekt mit den alten Leuten involvieren soll, da er auch schon einige Zeit arbeitslos ist… wobei ich gerade bei einer sehr wichtigen Frage angelangt bin: Wie definiere ich hier „Alte Menschen“? – Laut internationalen Statistiken liegt das Durchschnittasalter bzw. die Lebenserwartung eines Tansaniers gerade bei 48 Jahren.

 

Nun werde ich weiterarbeiten – morgen ist die Eröffnung von Prof. Spillanes 1. Tourismus-Information-Centers und es gibt noch einiges zu tun!

 

Einen schönen Nachmittag und liebe Grüße aus Mwanza

 

Steffie