Eine Reise in unsere Partnerstadt Mwanza (2006)

25. April 2008

Eine Reise in unsere Partnerstadt Mwanza von Steffe Beck

Bereits 1963 signalisierte die Stadt Würzburg Interesse an einer Städtepartnerschaft in einem Entwicklungsland und nach eingehenden Beratungen kam Würzburg mit Mwanza im damaligen Tanganjika in Kontakt. Der Würzburger Stadtrat stimmte dieser Partnerschaft am 28. Juni 1966 zu und heute wird diese in Würzburg in Vertretung von Leonard Bihondo, dem Lord Mayor von Mwanza, gefeiert.

Für Mr. Bihondo ist die Reise von Mwanza bis nach Würzburg keine großartige zeitaufwendige Sache. In nur knapp 9 Stunden kann er die Distanz mit dem Flugzeug zurücklegen. Vor einigen Jahren sah dies komplett anders aus.

Bei einem Telefongespräch mit Sr. Sara, einer Franziskanerin aus Baldegg / Schweiz, berichtet diese, dass sie in den 60er Jahren gute 4 Wochen mit dem Schiff unterwegs war:

„ Es ging damals mit der `Jerusalem´ in Italien los und wir waren wochenlang auf dem Meer, durchquerten den Suez-Kanal, bis wir in den Hafen von Dar es Salaam einfuhren. Insgesamt bin ich diese Streck dreimal hin und zurück gefahren.

Weitere Erfahrungsberichte eines Mitgliedes des Mwanza-Verein, der in das Jahr 1913 zurückgeht:

„ Am 23. Juli 1913 reiste ich bei schönem Regenwetter mit der Bahn nach Marseille. …Dort bestieg ich den Reichspostdampfer `Prinzregent´ der Deutschen Ost-Afrika-Linie in Richtung Ätna und durch den Suez-Kanal.

14. August , 5 Uhr morgens: „Mombasa in Sicht!“. Der Kapitän ließ uns mitteilen, dass hier die Pest ausgebrochen war. Von hier aus ging es weiter mit der Ugandabahn nach Nairobi und Port Florence (heute: Kisumu/ Kenia). Mit dem kleinen Seedampfer ´Nyanza´ über Kampala und Entebbe (Uganda) nach Bukoba (Tansania) und erreiche am 28. August 1913 vormittags Mwanza.“

Die letzte Etappe der Reise ging über den Viktoriasee (entdeckt 1868 von dem englischen Reisenden Speke), dem größten See Afrikas und nach den Great Lakes in Nordamerika der zweitgrößte Süßwassersee der Welt.

Mwanza liegt am südlichsten Punkt des Viktoriasees und besitzt aufgrund des größten Binnenhafens große Bedeutung.

Die Überfahrt von Mwanza nach Port Bell (Uganda) war bis vor zehn Jahren, als die M.V. Bukoba unterging und mindestens 700 Menschen starben, kein Problem.

Heute verkehrt die M.V. Victoria regelmäßig zwischen Mwanza und Bukoba.

Im See liegen zahlreiche faszinierende Inseln wie die Ukerewe Island, die zum Verwaltungs-bezirk Mwanza gehören. Mit einem Schnellboot erreicht man heute den Hafen von Nansio (Ukerewe) von Mwanza aus in etwa zwei Stunden mit einem Schnellboot.

Tagebuchaufzeichnungen aus einem Privat-Archiv beschreiben die Überfahrt von Ukerewe nach Mwanza in der Kolonialzeit:

„Unser großes Boot schaukelt sich drunten in der Bucht von Nansio auf den leichtbewegten Wellen des Sees; die zwanzig flinken Ruderer sind bereit. … Unter dem munteren Gesang schlagen die Ruder im Takt in die murmelnde Flut. … Zahlreiche Flusspferde zeigten ihren riesigen und unförmigen Kopf über der Wasserfläche und tauchten unter. Hie und da mussten wir vor einem Flusspferd, das uns verfolgte, die Flucht ergreifen. Mehrere Krokodile schwammen wie steife Einbäume halb im Wasser. Wir brauchen bei besten Willen 12 Stunden, um nach Mwanza anzukommen.“

Der Einbaum (kisuaheli: mtumbi) stellte damals die einfachste Form eines Fahrzeugs dar, ein in der Mitte ausgehöhlter Baumstamm aus festem Holz. Zum Fortbewegen dient ein einfaches Handruder. Ein Mtumbi zu bauen ist nicht so einfach und kostet viel Zeit und Mühe. Zunächst gilt es mit einem kleinen Beil einen Baum zu fällen. Danach werden die Äste abgehaut, beide Seiten zugespitzt und schließlich der Stamm ausgehöhlt. Er kann bis zu 30 und mehr Leute aufnehmen. Zur Beförderung von Gütern bauen die Tansanier große Segelboote (Dhaus) oder aus Kokosfaden genähte Boote.

Eine andere Alternative war,

die Reise per pedes zurückzulegen, was allerdings nicht sehr unbeschwerlich war, vor allem, wenn es Hindernisse zu überwinden galt:

„… die Wegschwierigkeiten begannen. In rascher Aufeinanderfolge streckte sich ein wüster Tümpel um den anderen auf unseren Weg hin. Man kommt auch durch Wasserlachen dem Ziel näher. …Jetzt kam der schwierigste Teil des Weges. Wir hatten breite trostlose Sumpfflächen, die für eine reiche Nachzucht an Anophelesmücken Sorge tragen, zu überqueren, wobei wir oft tagelang wasserdurchsetzten Moorgrund ganz allmählich Schritt für Schritt passieren und stundenlang bis an die Hüften im Wasser waten mussten. … Mit Grauen gewahrte ich, dass ihnen das schlammige Sumpfwasser bis an den Hals reichte. … Nach 8tägiger mühevoller und anstrengender Wanderung waren wir endlich in Shinyanga angekommen.“

(aus Privat: von Tabora nach Mwanza 1916)

Von Shinyanga aus erreichte er einige Tage später, nachdem er weite Hochebenen überschritten hatte, Mwanza.

Im selben Jahr noch nahmen die Engländer Mwanza ein, nachdem die Deutschen 28 Jahre lang Kolonialherren waren.

1905 begannen die Deutschen in Dar es Salaam mit dem Bau einer 1-Meter breiten Bahnspur. 1910 erreichte die Bahn Dodoma. Eine der ältesten Bahnstationen ist Saranda, von wo aus die letzte Stufe des Rift Valley mit 3% Steigung erklommen wird.

Die Gleise erreichten 1928 Mwanza, was deren wirtschaftliche Stellung entschieden verbesserte. Deren Gesamtkosten beliefen sich auf ungefähr 111 Millionen Reichsmark.

Noch heute ist das Reisen mit der Bahn für Individualreisende ein angesagtes Fortbewegungsmittel. Es lassen sich alle größeren Städte mit der Eisenbahn erreichen, wobei die Attraktivität des Bahnfahrens aufgrund der verbesserten Straßenverhältnisse stark nachgelassen hat und die zahlreichen Überlandbusse schneller und preiswerter sind.

Die wichtigsten Bahnlinien sind die Moshi Line (Dar es Salaam-Moshi), die Central Line (Dar – Mwanza) und die Ta-Za-Ra (Tansania-Sambia-Railway). Die Fahrt mit der Central Line über Morogoro, Dodoma, Tabora bis nach Mwanza kann unter Umständen circa 47 Stunden dauern! Landschaftlich ist es sehr beeindruckend und entlang der Bahnlinie erkennt man immer wieder die kolonialen Bahnhofsgebäude in preußisch-wilhelminischen Stile.

Sr. Corrie, eine Missionarsschwester, die seit 1960 in Mwanza lebt, schrieb in ihrer letzten eMail:

„1960 gab es niemanden, der einen Fernseher hatte, nur wenige Menschen besaßen ein Radio. Aktuell können die Menschen in Mwanza sogar auf zwei Kanälen die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland verfolgen.“

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